Die große alte Dame unter den Musikautomaten: Phonola

Feinbesaitet, stilvoll, fast schon mondän wirkt sie und wir verlieben uns auf den ersten Blick.

Feinbesaitet, stilvoll, fast schon mondän wirkt sie und wir verlieben uns auf den ersten Blick. So stumm, wie sie vor uns steht, war sie selten. Ihr rotes Gewand ­kleidet sie prächtig. Und auch, wenn die kunstvoll gefertigte große alte Dame bereits ein wenig in die Jahre gekommen ist, merkt man ihr noch stets an, dass sie zu den Ersten und Feinsten ihrer Art gehörte. Nun soll sie restauriert werden und wir schätzen uns glücklich, sie transportieren zu dürfen. Was beileibe (!) keine leichte Aufgabe wird. Schon ihre Maße sind besonders: 170 cm breit ist sie, stolze 135 cm hoch und 90 cm tief. Damit nicht genug, verfügt sie über einen Aufsatz, der noch einmal 92 cm in die Höhe ragt und den ohnehin schon 300 Kilo Gewicht weitere 130 Kilogramm hinzufügt. Kein Kinderspiel, so eine Phonola sicher und wohlbehütet an ihren Bestimmungsort zu bringen. Aber eine Herausforderung, der wir uns gern stellen.

Stolzer Besitzer und unser Auftraggeber: das Deutsche Musikautomatenmuseum Bruchsal

Beauftragt wurden wir vom Deutschen Musikautomaten Museum Bruchsal, zu deren Bestand die 1925 erbaute und gegenwärtig 400.000 Euro teure Phonola gehört. Dort steht sie normalerweise Seite an Seite mit anderen hochwertigen historischen Musikinstrumenten. Weltberühmtheiten wie die Phonola, der Figurenautomat Tino Rossi, die Hupfeld-Violina sind nur einige der Instrumente und Musikautomaten, die im Badischen Landesmuseum bestaunt werden können. Und damit dies den Besuchern noch mehr Freude macht, wird das Musikautomatenmuseum bereits seit dem 1. Juli renoviert – bis zum Sommer 2014 soll dann alles schmuck und angenehm neu gestaltet sein. Außer natürlich die Phonola und ihre Gefährten – denn die überzeugen vor allem durch ihr historisches Äußeres und ihre Besonderheiten in Klang, Mechanik und Bauweise.

Erklingen die Noten von der Rolle, ist umso mehr Gefühl erforderlich

Als Phonola bezeichnet werden Klavierspielapparate, die sich pneumatisch betätigen lassen.* Deren erste Fabrikate kamen um 1900 in Deutschland auf den Markt – und die Bezeichnungen der ersten Instrumente setzten sich bald als Markennamen durch. So erhielt das Pianola bald die Phonola zur Seite gestellt, die zunächst mit 73, später mit dem vollen Oktavumfang eines Klaviers, also mit 88 Tasten, ausgestattet war. Was Pianola und Phonola von Klavier und Flügel unterscheidet, ist, dass es sich tatsächlich um Musikautomaten handelt. Der Pianist benötigt also noch nicht einmal Notenkenntnisse, um die Phonola spielen zu können. Einzig eine Notenrolle muss er einlegen und mit ausreichend musikalischem Gefühl und Gestaltungswillen die Pedale betätigen. Mit vergleichbarem Fingerspitzengefühl wollen unsere Transporteure sich der Phonola annehmen. Jener großen alten Dame, vor der wir uns schon jetzt verbeugen.

* Wer mehr über die Geschichte von Pianola und Phonola wissen möchte, findet hier inspirierenden Lesestoff.

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